Nachdem sich intern herumgesprochen hat, dass die Pfeifen der sportlichen Leitung es verpennt haben die Teilnahme an der Qualifikation zur deutschen Meisterschaft abzusagen und einfach mal einem anderen Team der Liga noch ein Spiel reinzudrücken, wurden der Großteil der Mannschaft unter dubiosesten Vorwänden am Samstag gegen 10:30 Uhr in die Sporthalle an der Schönewalder Straße gelockt.
Da Glasflaschen in der Halle verboten sind, wurde die motivierende Ansprache draußen gehalten. Als klar wurde, dass 2 x 20 Minuten lang gedaddelt werden soll und dafür extra Gäste vom UHC Elster eingeladen wurden, ließen sich alle Spieler zum klassischen Warmup motivieren. Nach sechs Runden haben es drei Kröten nicht geschafft die Latte zu treffen und mussten für den folgenden Durchgang als Zielscheiben herhalten. Drei Spieler trafen die linke Gesäßhälfte der in zentraler Position nach vorn gebeugten Schildkröte. Die Kollegen links und rechts kamen glimpflicher davon.
WAs machen wir eigentlich in dieser Halle?
Das Spiel begann höflich. Die Turtles ließen nach erstem Abtasten einen der Gäste in Person von Gerold unbedrängt aufs Tor laufen und Luigi hatte auch keinen Bock auf den Shootout. Folglich 0:1. Der Bann war gebrochen. Nach kurzer Wortfindungsstörung antworteten die Turtles einige Minuten später mit dem 1:1, dem 2:1 und dem 3:1 durch Hannes, Stefan und Matze. Als Winkelbauer für die Gäste kurz auf 3:2 erwiderte, haben Fabi, Stefan und Konni die Gäste mit dem 4:2, 5:2 und 6:2 aber 1A wegargumentiert. Von der eigenen Kunst berauscht kamen nur dezente Zweifel auf. Einige der erzielen Tore fielen doch recht einfach. Teils unter großzügigster Mithilfe des Gegners. Was war los? Die Pause wurde genutzt um mal zu gucken, was das eigentlich für ein Spiel ist. Die regionalen Meisterschaften waren gewonnen, Aufsteigen ging nicht… . Also was machten wir an diesem sonnigen Tag eigentlich in dieser Halle?
Irgendwas bei Düsseldorf!?
Die Antwort traf uns wie ein Schlag. Siri! Diese verdammte Besserwisserin lachte nur laut und verächtlich durch ihre mickerigen Miniaturlautsprecher aus dem Smartphone des Social-Media-Beauftragten. Es ging um die Qualifikation zur deutschen Meisterschaft 2015/2016. Die Spieler sahen sich an und begriffen die historische Dimension. Siri lachte hämisch weiter. Was für eine Scheiße! Mit beiden Füßen bis zum Knie! Wenn wir gewinnen, müssen wir nochmal spielen. Man ist zwar grundsätzlich bereit Sport zu treiben und auf der #RoadToRennsteig jedes kleine Qualifikationsturnier zu absolvieren, aber doch bitte nicht so weit weg (Düsseldorf!). Nun rächte sich die mangelnde Vorbereitung und alles bekam einen Sinn. Die Jungs aus Elster wussten längst worum es ging.
Die Turtles spielten jetzt alle für ein entspanntes Wochenende, Grillen, kein Stress, ins Freibad gehen, zu Hause sein, mit der Familie entspannen, Bier ohne sich vorher oder nachher bewegen zu müssen… . Und endlich mal kein Sport! Nur wie sollten sie da wieder rauskommen? Fünf Tore zu viel, um das Ziel zu erreichen.
Ihr wisst worum es geht!
Und die zweite Hälfte begann kurios. Böttcher holte sich zwei Minuten wegen Stockschlags und begab sich lächelnd auf die Strafbank. Jetzt bloß kein Tor! Die zwei auf dem Feld verbliebenen Jungs aus Elster blieben passiv, Goalie Hellbach machte sich klein und Tommy, wie von allen guten Geistern verlassen, trabt auf den Keeper zu, zieht aus drei Metern ab und trifft. Tommy wusste was er getan hat, ein Blackout, er ließ den Kopf hängen. Die Bankspieler schlugen die Hände vor ihre Gesichter. 7:2! Wie sollten wir das noch drehen?
Doch dann schlug die Stunde des Käpt´ns. Käpt´n Morgan war gestern, Käpt´n Fabi ist heute! Er baute seine am Boden liegenden Männer wieder auf. „Jungs“ rief er, „ihr wisst worum es geht. Lasst euch nicht hängen!“, „wir haben schon wesentlich höhere Führungen hergegeben, in körperlich und geistig weitaus besserer Verfassung, gegen richtig schlechte Gegner. Wir können es noch schaffen!“. „Wir sind körperlich am Ende und der Gegner ist besser, dass drehen wir noch!“. „Keine Zweikämpfe mehr führen!“ und „bloß nicht aufs Tor schießen!“, schwor er sein Team ein.
Bei der Gentsch-Reihe fiel diese Ansage auf fruchtbaren Boden und ließ den Keim der Unfähigkeit zu einer prachtvollen Blüte sprießen. Das Slapstick-Ensemble um Konni, Michi und Hannes schaffte es den Ball am eigenen Slot abzufangen und ihn bei einer mögliche ‚drei gegen eins‘-Kontersituation durch teilnahmsloses Herumstehen, dröges Umherblicken und mehrmaliges über und unter den Ball gesemmle dem ebenso teilnahmslos herumstehenden Gerold zu überlassen. Dieser wusste nicht wie ihm geschah, bewegte schreckhaft weg vom Ball und legte sich den Ball so fataler Weise direkt auf die Vorhand und schloss reflexartig ab. Luigi machte sich klein und der Ball zappelte im Netz. Durchatmen. Nur noch fünf. Tommys Aussetzer wurde wieder wett gemacht. Zwei Minuten später ließ man dann Kraus keine Chance und zwang ihn durch unnachahmliche Passivität zu einem sehenswerten Schuss (7:4). Hoffnung bei den Turtles. Doch anstatt sich nun einfach fallen zu lassen, wurde die Angriffsmaschine unerklärlicher Weise wieder hoch gefahren. Die Turtles erarbeiteten sich Chance um Chance und konnten sich in dieser Phase beim grandios haltenden Hellbach im Gästetor bedanken, der den einen oder anderen 100%er entschärfen konnte.
Doch das Glück hielt nur vier Minuten an, ehe die Gäste Matze unbedrängt ziehen ließen und den alten Abstand wieder herstellten (8:4). Aber noch war nichts verloren. Eine vier Tore Führung verspielt man locker in zwei Minuten und es waren ja noch zwölf. Das musste reichen. Und es lief jetzt richtig gut. Nur zehn Sekunden später bewegten sich die zwei Offence-Turtles in den Pass-Schatten des Gegners, der letzte Turtle verlor den Ball lehrbuchmäßig im Aufbau und legte sich flach auf den Boden. Elstermann legte zu Gerold, der sich nicht anders zu helfen wusste, als den Ball ins Tor zu schießen. Jetzt zeigte Elster Nerven. Die einstudierten Trainingsautomatismen rächten sich. 70 Sekunden nach dem 8:5 zwang Gerold seinen Stürmer Kraus zum nächsten Tor für Elster (8:6). Was für ein Verlauf! Damit hatte keiner mehr gerechnet.
In der 32. Minute aber, schaffte es Luigi nicht, sich den Ball selbst reinzulegen und warf das Spielgerät wahllos nach vorne. Konni stand im Weg und legte sich den Ball unfreiwillig in den Lauf, zog aus unerfindlichen Gründen einen Sprint über 67 cm voll durch und netzte zum 9:6 ein! Warum Hannes die Vorlage zugesprochen wurde und er somit erneut negativ im Spielbericht Erwähnung fand weiß niemand. Zwei Minuten später konnte Kraus eine abermalige Einladung zum erneuten Anschlusstreffer nicht mehr ablehnen und markierte das 9:7. Die Hoffnung lebte!
Rot? Zehn? Zwei? Zwei!
Die Gäste aus Elster blieben weiter cool und abgeklärt. Sie waren sich Ihrer Sache sicher und spielten groß auf. Luigi, bestrebt auf Nummer sicher zu gehen und seinen Kollegen, wie schon in der Regionalliga, per Roter Karte etwas unter die Arme zu greifen, hatte jetzt seinen großen Auftritt. Nachdem er von Kraus einen Schlag auf die Maske bekam, beförderte er dessen Schläger aus seinem Sichtfeld. Der Kapitän des UHC Elster passte nicht auf und ließ den Schläger aus seiner Hand gleiten. Jetzt kam bei den Kapitänen Stimmung auf. Fabi forderte für seinen Torwart sofort eine Matchstrafe samt roter Karte. Die Schiedsrichter wiegelten aber sofort ab und wiesen Fabis Forderung mit einem selbstbewussten „dafür reicht´s nicht“ ab. Kraus merkte sogleich an, dass da gar nichts war und er seinen Schläger geworfen habe. Er forderte wegen des Maskenschlags und des Schlägerwurfs sofort zwei mal zwei Minuten für sich selbst. Doch auch diesen Bären ließen sich die souveränen Schiedsrichter aus Magdeburg nicht aufbinden. Fabi machte mit „aber 10 plus 2 sind es mindestens laut Regelwerk“ ein letztes verzweifeltes Angebot, aber die Schiedsrichter blieben hart und wiegelten wiederum ab. Sie gaben lediglich zwei Minuten für Luigis betteln nach Bestrafung. Die übrigen Spieler hatten sich während des fünfminütigen Strafprozesses angenehm unterhalten und nutzten dieses Intermezzo für den Austausch einiger Anekdoten.
Nach Wiederanpfiff waren die Turtles aber sofort wach und machten da weiter, wo sie aufgehört hatten. So schnell konnten die Jungs aus Elster gar nicht gucken, wie stümperhaft sich die zwei Turtles das Spielgerät ins eigene Gehäuse zimmern ließen (9:8). Zwischenbilanziell konnte man schon jetzt feststellen, egal wie es ausgeht, eine riesen Leistung der Turtles eine 7:2-Führung noch so abzugeben.
Dann folgte nach der einzigen unschönen und mehr als diskussionswürdigen Szene des Spiels die nächste Unterbrechung. Bei stockschlagtechnisch unklarer Gemengelage sorgte Stefan für den Eklat des Spiels. Als die Schiedsrichter kein Foul sahen, ließ Stefan die Arme hängen und dreht die Handflächen nach außen. Er öffnete die Augen etwas mehr als gewöhnlich und zog dabei die Axeln deutlich wahrnehmbar in Richtung seines Halses. Die Schiedsrichter unterbanden dieses wilde lamentieren umgehend und gaben direkt zwei Minuten wegen Reklamierens. Und Elster? Hier klar benachteiligt! Die Turtles unsicher, wie sie mit diesem Geschenk umgehen sollten. Und Elster? Zeigte jetzt Klasse. Mehrere hochkarätige Einschuss-Chancen ließen sie ungenutzt verstreichen, indem sie den Ball noch irgendwie unter dem bereits am Boden liegenden Luigi platzierten oder Bogenläufe freistehend vor dem Tor aus vier Metern noch irgendwie an dem riesigen Gehäuse vorbei brachten. Kontrollierter Ballbesitz der Gäste, damit sich die Turtles den Ball nicht selbst reinhauen. Elster jetzt dominant, klar besser und den eigenen Rückstand souverän verwaltend.
Die Turtles am Boden
Das Publikum war jetzt nicht mehr zu halten. Die acht anwesenden Zuschauer eskalierten vollends und machten fast so viel Lärm wie Tomaten im Gewächshaus. Dieses erfolgsbombardierte Publikum schien nicht mehr an die Niederlage zu glauben. Die Turtles, noch zwei Tore vom Ziel entfernt, gaben nicht auf und noch einmal alles. Doch wie gewohnt – raus kam nichts. Zwei Minuten vor Schluss dann die Vorentscheidung. Matze dribbelt als letzter Mann an der Mittellinie entlang und sieht, wie die zwei eigenen Stürmer teilnahmslos auf der gegnerischen Torlinie verharren. Doch anstatt den Ball direkt an einen neben ihm stehenden Gegenspieler zu verlieren, lässt er sich zu einem Zeitlupenball auf den gegnerischen Torwart hinreißen. Anstatt den Ball, wie von Matze geplant, aufzunehmen und per Auswurf einen 2:0-Konter einzuleiten, der den Ausgleich bringen würde, bleibt Hellbach cool und ließ den Ball einfach passieren. 10:8 und die Vorentscheidung. Eine Rückgabe von Zoberbier schoss sich Luigi zwar noch äußerst sehenswert ins eigene Gehäuse, aber der 10:9 Anschluss 19 Sekunden vor Schluss kam zu spät und war nur noch von ergebniskosmetischer Natur. Bis zum Schlusspfiff schafften es die Turtles nicht mehr sich ausreichend blöd anzustellen, um noch den Ausgleich zu kassieren. Elster am Ziel, die Turtles am Boden.
So hatte man sich den Tag wirklich nicht vorgestellt. Alles lamentieren half nichts, der saure Apfel ist kredenzt. Man muss nach Düsseldorf. Wann die strapaziöse Reise letztendlich ansteht, konnte man noch nicht in Erfahrung bringen. Die sportliche Leitung zeigte sich im Anschluss ihrerseits noch einsichtig und entschuldigte sich beim Team für die zwielichtigen Mittel und falschen Versprechungen mit denen die Turtles diesmal in die Halle gelockt wurden. Als Kompensation für dieses unrühmliche Verhalten wurde dem Team am 25. und 26. Juni ein all inclusive Wellness-Wochenende im wunderschönen Erkrath versprochen. Unterkunft und Bahntickets sind bereits gebucht. Und irgendwann danach dann Düsseldorf… .